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Der Weg ins süße Paradies voller stürzender Schokobäche und feinstem Mandelregen führt über eine schmale Wendeltreppe abwärts. Hier, tief unten, schlägt das verführerische Herz der kleinen Chocolaterie: Der Duft von Pralinen – jedes einzelne Naschwerk handgefertigt aus Trüffel, Nougat und Marzipan – erfüllt die Luft mit einer exquisiten Note und verleitet zu intensivem Einatmen bei geschlosssenem Mund. Weiße, schwarze, braune Tafeln Schokolade, allesamt Unikate, unverwechselbar, einzigartig, betören die Sinne derart, dass der Boden herrlich ins Wanken gerät. Es darf probiert werden … Marc de Champagne … OrangenNougat … Schwarzwälder Kirschwasser … Pistazien-Nougat …

Majestätisch fährt das Rollgitter der „Schokoranch“ hoch. Markus Welsch hat noch kein Wort gesagt und ist schon sympathisch. Lachend, die Hand zum Gruß hebend, wartet der Windischeschenbacher dahinter geduldig und doch aufgeregt, bis das Tor schließlich seinen exklusiven Verkaufsraum frei gibt. „Was man hier bekommt, kriegt man sonst nirgends“, sagt der Bäckermeister mit funkelnden Augen. München, Nürnberg, Kopenhagen und natürlich die Oberpfalz – Unternehmer, Geschäftsleute und private Naschkatzen wissen die erlesenen Pralinen und Schokoladenerzeugnisse aus eigener Herstellung zu schätzen. „Unsere Eiffeltürme sind schon per Express nach Paris gefahren worden.“ Aber Moment mal – wieso eigentlich Bäckermeister?

Es ist das Jahr 1989. Markus Welsch, der gelernte Bäckermeister backt Brot und Semmeln und experimentiert „gaudihalber“ für Familie und Verwandtschaft mit Schokolade. Mit wenig Knowhow, aber umso mehr Enthusiasmus wird ein Kilogramm Schokolade erhitzt, geformt, abgekühlt, wieder erhitzt und schließlich die Erkenntnis akzeptiert: „So einfach ist es nicht, handgeschöpft süße Köstlichkeiten herzustellen.“ Doch die Leidenschaft hat den Bäckermeister gepackt, Bücher werden gekauft, Messen und Kurse besucht – jetzt lässt der Blick durch den Verkaufsraum die
Pupillen nicht ruhen. 80 Sorten Schokolade, 60 Sorten Pralinen, alleine für Nougat und Marzipan darf der genussbewusste Nascher aus 13 verschiedenen Variationen auswählen.

Karibischer Traum um Mitternacht: Markus Welsch kann nicht schlafen. Seit Stunden wälzt sich der passionierte Pralinenkünstler von einer Seite zur anderen, eine neue Kreation treibt ihn um. Kurz nach 00.00 Uhr wird dem Ruf der Manufaktur im Untergeschoß nachgegeben – während
draußen alles schläft, finden Ananas, Rum und weiße Füllung zueinander: Die neue Praline „karibischer Traum“ hat ihren Weg dank der Virtuosität von Markus Welsch ins süße Paradies auf Erden gefunden. „Pralinen sind mein Reich, jede Sorte wird von mir abgeschmeckt, ob und welche
ins Sortiment aufgenommen werden, entscheiden die Kunden durch Probieren.“ Das Tor zur „Schokoranch“ öffnet sich ab einer Zustimmung von 75 Prozent.

Es folgt eine Wissenschaft für sich: Markus Welsch erzählt von der Herstellung seiner süßen Schätze, von der wichtigen und richtigen Schokoladentemperierung zwischen 45 und 48 Grad, von der Trennung guter und schlechter Kristalle, vom Runtertemperieren, vom Rauftemperieren und
millimetergenauem Zusammenziehen der Schokolade, wenn die kostbare Masse erkaltet. „Belgische Schokolade ist meiner Meinung nach die beste, und nur die verwende ich als Grundsubstanz.“ Außer dem Hohlkörper, den sich Markus Welsch liefern lässt, sind alle Pralinen per Hand mit Liebe zum Detail gefertigt. Jede noch so kleine Verzierung, keine gleicht der anderen. „Alle drei Wochen wechselt das komplette saisonale Sortiment, Lagerware Fehlanzeige.“ Das bedeutet auch: Nikoläuse, Engel und Krippen gibt es nur zur Weihnachtszeit.

Die Zeit des Experimentierens ist noch immer die Philosophie und Leidenschaft von Markus Welsch – so wie einst in den Anfangstagen. Natürlich mit diesem Unterschied: Der Genuss jedes einzelnen Naschwerks kommt dem Eintauchen ins süße Paradies gleich.

Text und Fotos: Norbert Eimer